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Rettet das alte Stadion Köln

Vom Lost-Space zum Kulturtempel. Das Wunder von Köln-Weidenpesch?

Offensichtlich kann Wahlkampf doch für etwas gut sein. Wahlbezirk 26, Nippes 4 (Niehl/Weidenpesch). Ich wohne da nicht, ich arbeite dort. Und ich gebe es zu, ich kannte das geschichtsträchtige Juwel vorher gar nicht. Als ich mich in „meinen“ Wahlbezirk einarbeitete, stieß ich auf sie, die vermutlich älteste, erhaltene Fußballtribüne Deutschlands. 1903 erbaut, sah sie zwei Endspiele um die deutsche Meisterschaft und Sönke Wortmanns „Das Wunder von Bern“ wurde auf ihr gedreht. Das war 2002. Seitdem gammelt sie vor sich hin und obwohl sie unter Denkmalschutz steht, droht sie immer mehr zu verrotten und sogar einzustürzen. Ich wollte checken, ob das Thema überhaupt Bedeutung für die Bevölkerung hatte und stellte das Thema in eine FB-Gruppe für Weidenpesch. Die Resonanz war enorm, teilweise hochemotional.

Da muss was passieren, dachte ich, das muss eines unserer Wahlkampfthemen werden und ich besprach das mit unseren GUT-Ortsverband Nippes Leuten. Wir sind damals alle (!) neu in der Politik gewesen. Alle fanden das Thema gut und somit setzen wir die VfL-Tribüne – so hieß der Verein, der ganz früher da spielte – auf unsere Agenda. Zu unserer großen Freude schaffte GUT es tatsächlich, erstmalig in die Bezirksvertretung Nippes einzuziehen. Und nicht nur das, das Wahlergebnis ließ eine ganz neue Regierungskonstellation zu. Es regieren nun die Grünen, die Linken, FDP, Klimafreunde und wir. Erstmalig nicht mehr am Ruder CDU und SPD und das finde ich schon eine kleine Sensation. Karina und Bela (unser BV-Mann) hatten erreicht, dass das Ziel, die Tribüne zu retten in die Kooperationsvereinbarung reingeschrieben wurde. Ein weiterer glücklicher Umstand bestand darin, dass unsere neue Bezirksbürgermeisterin Diana Siebert von den Grünen (stärkste Partei) Historikerin ist. Von ihr gab und gibt es jede Menge überparteilichen Support. Dafür gebührt ihr schon jetzt unser großer Dank. Wir ziehen da bestens an einem Strang.

Die Tribüne steht auf dem Gelände der Pferderennbahn und um es kurz zu machen: Besitz- und Pachtverhältnisse gingen mehrfach hin und her. Unsere Recherche ergab, dass der Rennverein Pächterin ist, die Tribüne aber zum Bestand des Rennvereins gehört. Dieser hatte aber nie Interesse an ihr, noch Verwendung für sie. Zudem plagen den Rennverein Geldnöte. Diese Gemengelage führte dazu, dass sich niemand für sie verantwortlich fühlte, weder die Stadt Köln noch der Rennverein. Ein weiterhin gegenseitiges Zuschieben von Verantwortung und daraus resultierend Untätigkeit bis zum Einsturz also? Nein, das galt es zu verhindern.

Eine FB-Initiative „Rettet das alte Stadion“ entstand, Gespräche mit dem Kölner Rennverein fanden statt, der Denkmalschutz wurde involviert; auf Kölner, wie auf Landesebene. Erste Konzeptideen mündeten in dem Titel „Von der Tribüne zur Tri-Bühne!“ Die Idee dahinter: wir wollen eine Open-Air-Begegnungsstätte schaffen: mit Sport, Kultur und Tanz. Sowas ist in Nippes rar. Performance vor ihr, Zuschauer auf ihr. Und umgekehrt: Action auf ihr und Auditorium vor ihr. Gerne auch mal tanzend, sofern der Lärmschutz das zulässt. Nicht nur die Jugend leidet unter Situationen wie Covid-19. Wir brauchen so etwas.

Ist das überhaupt denkbar? Zu meiner Begeisterung schlug der Denkmalschutz nicht die Hände über dem Kopf zusammen. Wird die Tribüne einem neuen Verwendungszweck zugeführt, also auch zur Bühne, könnte dies sogar vorteilhaft sein, sagte man mir. Auch der GF des Rennvereins signalisierte uns, dass er an einer Lösung und Perspektive interessiert sei.

Genau an dieser Stelle standen wir, als sich eine entscheidende Chance ergab! Der Kölner Rennverein erhält Mittel von der Stadt, welche zur Pflege der unter Denkmalschutz stehenden Anlagen verwendet werden. Unsere neue Bezirksvertretung sollte diese Mittel bewilligen. Danach geht das dann in den Rat. Unser neues Regierungsbündnis aus Grünen, Linken, FDP, Klimafreunden und uns GUT Köln hat Mut bewiesen. Mit einem Dringlichkeitsantrag wurde die Freigabe der Mittel an die Bedingung geknüpft, einen Teil der Mittel auch für unsere Vfl-Tribüne zu verwenden. Rumms!

Es wurde immer spannender. Im Rat der Stadt Köln wurde unsere Steilvorlage aufgegriffen – wieder mit Unterstützung der Grünen. Unser Grün + GUT Antrag, mitgetragen von CDU, Linken und Volt beinhaltet leider noch keine konkrete finanzielle Zusagen. Aber erstmals wurde der feste politische Wille festgeschrieben, die Tribüne zu retten und zu sanieren. Unsere GUT Ratsleute hatten noch „verkehrssicher machen“ rein verhandelt. Sehr schön, dass bedeutet schon mal sicher, dass sie nicht einstürzen wird! Unsere Kölner Verwaltung muss also – zusammen mit dem Rennverein – tätig werden. Das ist ein Riesenerfolg!

Jetzt geht es daran, unser Konzept auszuarbeiten, mit den Behörden zu interagieren, Gelder- und Sponsoren zu akquirieren usw. Vermutlich macht es Sinn, eine „offizielle“ Bürgerinitiative zu gründen. Gerettet ist also noch lange nichts aber unserer Tribüne geht es jetzt schon mal deutlich besser, als noch vor der Wahl. Das freut uns „Stadionretter*innen“ alle sehr, vielen Dank an alle beteiligten Personen und Parteien!

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